Igel im Garten
- oxi

- 11. Sept.
- 3 Min. Lesezeit
Seit ein paar Wochen streifen ab der Dämmerung bis in die Dunkelheit hinein entzückende Igel und Igelkinder durch unseren Garten. Das ist wundervoll und traurig zugleich. Warum macht einen denn sowas Wundervolles traurig, fragst du dich? Nun, seit dem letzten Herbst stehen Igel als bedrohte Art auf der Roten Liste. Neben Hummeln, Fledermäusen und Feldhamstern. Und ich bin traurig darüber, dass wir es als Menschen einfach nicht schaffen, friedlich und rücksichtsvoll mit unseren Mitgeschöpfen zusammenzuleben.
In unserem Fall gibt es eine Igelmama, die mit ihren beiden Kindern zu Besuch kommt. Wenn sich die einzelnen Familienmitglieder voneinander entfernen, rufen sie einander. Hilfe, das klingt so entzückend! Und scheinbar alles in Butter. Also erst mal kein Igelmini-Alarm. Das ist gut, denn die Igelhilfestationen quellen gerade über und haben teilweise sogar Aufnahmenstopp. Dann gibt’s noch zwei mittelgroße Igel, vielleicht Geschwister aus dem letzten Jahr und einen riesigen Igel, der am wenigsten erschrickt, wenn ich auf Igelsichtungstour gehe und ihn an einem der Futternäpfe entdecke.
Kleine Igel werden erst spät im Jahr geboren, oft erst so im August oder September. Ich finde, das ist keine so gute Evolutionsidee. Wie sollen diese Minis um Himmels Willen genug fressen und groß und stark werden bis zum Winter? Mit ungefähr drei Wochen gehen sie auf erste Entdeckungstouren in der Nähe ihres Nestes, zu dem sie aber wieder zurückkehren, denn sie werden ja noch gesäugt. Erst mit ungefähr sechs oder acht Wochen verlässt die Igelmutter ihre Kleinen und sie suchen sich neuen Wohnraum.
Wir haben inzwischen vier Futterstellen für Igel eingerichtet, weit voneinander entfernt, so dass man sich nicht ins Gehege kommt. Und sie werden alle sehr gut angenommen. Als Insektenfresser verzehren Igel am liebsten Käfer, Raupen, Larven, Maden. Weil unsere Zivilisation Insekten drastisch dezimiert hat, fressen Igel zu viele Regenwürmer und Schnecken. Diese übertragen Lungenwürmer und andere Parasiten und sind für Igel schwer verdaulich. Keuchende, pustende Igel mit Atemnot haben zu viele Würmer und Schnecken verspeist. Da hilft nur ein Gang zum Tierarzt, der sie entwurmt. Und vorbeugend hilft eine Futterstelle.
Getrocknete Fliegenlarven, hochwertiges Katzenfutter und Rührei kann Futtermangel ausgleichen. Milchprodukte sind für Igel überhaupt kein geeignetes Futter. Und auch Vogelfutter oder Fallobst können sie nicht verdauen. Viele unterernährte Igel werden im Herbst von Ehrenamtlichen aufgepäppelt und über den Winter gebracht. Denn ob klein oder groß, Igel finden nicht genug Nahrung und Lebensraum. Und das ist der Grund für den beängstigenden Rückgang der Igelpopulation. Der Grund dafür, dass Igel als gefährdet gelten und seit dem Oktober 2024 auf der roten Liste stehen. Tod durch Verhungern. Oder durch Verletzungen.
In naturnahen, unordentlichen, wilden Gärten und städtischen Parks finden Igel am ehesten, was sie an Lebensraum brauchen. Aufgeräumte Gärten bieten ihnen weder Schutz, noch Nahrung.
"Neulich sagte mir jemand, „wie schade, wir haben leider keine Igel im Garten!“ Ich dachte „Jo, schau dir deinen Garten mal genau an und stell dir die Frage nach dem Warum dann noch einmal.“ C., Igelhilfe Treeneregion
Viele dieser Gärten halten eine weitere Igelgefahr parat, den Mähroboter, der Garant für kurzfrisierte, lebensfeindliche Plastikrasenflächen. Mähroboter sollte man nur in den Mittagsstunden, am späten Vor- und frühen Nachmittag laufen lassen, denn Igel sind ja mitunter auch am frühen Morgen und am späten Nachmittag schon unterwegs. Die Anzahl schwerverletzter oder qualvoll getöteter Igel nimmt mit der Beliebtheit von Mährobotern zu. Die Igelpopulation schrumpft beständig. Dass etwas so Normales wie ein Igel als bedrohte Art gilt, finde ich wirklich schockierend. Alle Geschöpfe hängen voneinander ab- und miteinander zusammen! Das wird am Igelschicksal deutlich. Weniger Insekten, weniger Lebensraum, weniger Igel.
Hausgärten wären ja wirklich mal ein Bereich, in dem man das Zusammenleben mit der Natur friedlich gestalten und sich den Lebensraum mit allen Geschöpfen teilen könnte, die auch dort wohnen möchten. Ein Bereich, in dem man Verantwortung für ein rücksichtsvolles Miteinander übernehmen könnte. In dem alle gleich wichtig sein dürfen und so ein exklusiver Egoismus keinen Platz bekommt. Leider habe ich in der letzten Zeit viele Neubaugebiete gesehen, die in dieser Hinsicht ziemlich desillusionierend waren.
Ich wünsche der kleinen Igelfamilie und allen anderen Igeln in unserem Garten jedenfalls ein glückliches, leckerbissenreiches, langes Leben.
Igelhilfe
Es gibt viele igelspezifische Seiten und Gruppen in den sozialen Netzwerken, in denen es viel zu lernen gibt. Ich folge der Igel- und Wildtierhilfe Eckernförder Bucht / https://www.iwheb.de/ und ein paar anderen, auf Instagram z.B. der igelhilfe.altenholz.ev. . Vorsicht: die Fotos der von Mährobotern verletzten Tiere sind nichts für Zartbesaitete!










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